Die sprichwörtliche Skaterbahn ist nur bedingt ihre Sache: Die sechs Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die am Sonntag, 9. Juni, in den Singener Gemeinderat gewählt werden wollen, haben viele Themen im Blick, die weit über das hinausgehen, was Ältere mitunter als jugendtypisch betrachten. Seit einer landesweiten Gesetzesänderung im vergangenen Sommer gibt es die Möglichkeit, dass Menschen ab 16 Jahre in kommunale Gremien wie Gemeinderat und Ortschaftsrat gewählt werden können.

Fünf dieser sehr jungen Kandidaten, Julian Kuhn, Katja Schwarz, Anna Baur, Jeremiah Lischka und Thanu Jaykumar, kommen aus den Reihen des Singener Jugendkomitees. Insofern haben sie, die bis auf Lischka noch zur Schule gehen, schon Erfahrung mit kommunalpolitischer Arbeit. Die sechste, Anna Oehle, macht eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten (MFA). Sie ist über ihren Vater Dirk Oehle zur Kandidatur gekommen, der schon lange politisch aktiv ist: „Der Anstoß ist aber von mir gekommen“, sagt sie.

Alle sechs sind angetreten, um etwas zu verändern

Alle sechs haben sich bewusst entschieden, selbst für die Bürgervertretung in ihrer Stadt zu kandidieren. „Damit nicht nur ältere Leute Politik machen“, wie der 17-jährige Julian Kuhn sagt, der auf der Liste der CDU zur Wahl steht und auch für den Ortschaftsrat seines Wohnorts Friedingen kandidiert. Jeremiah Lischka, 18 Jahre alt und Kandidat für die SPD, sagt: „Viele Bürger und Jugendliche waren der Meinung, dass junge Leute nicht ausreichend politisch vertreten sind.“ Daher wolle er selbst in das Gremium. Anna Baur, die 19 Jahre alt ist und für die CDU für Gemeinde- und Kreisrat kandidiert, sagt: „Ich möchte etwas verändern, also muss ich mich auch aufstellen lassen.“

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Auch Thanu Jaykumar, 17 Jahre alt, will mit ihrer Kandidatur für die Grünen zeigen, dass die Jugend nicht nur zu Hause herumhängt. Und Katja Schwarz, gerade noch 17 Jahre alt und auf der CDU-Liste, fasst zusammen: „Wir können uns beschweren, aber wenn man etwas verändern will, muss man sich engagieren.“ Im Kommunalen sei man den Menschen bei der Umsetzung von Dingen sehr nah. Ähnlich sieht es Anna Oehle, 17 Jahre alt: Sie will junge Meinungen vertreten sehen und tritt bei der Neuen Linie an.

Öffentliche Sicherheit ist eines der Anliegen

Auf der Liste der Anliegen steht zum Beispiel die öffentliche Sicherheit, über die vor allem die jungen Frauen sprechen. Wenn man mit Bus und Bahn auch zu später Stunde noch näher an zu Hause herankomme, steigere das auch die Sicherheit, sagt zum Beispiel Anna Baur. Und wenn sich jeder in der Stadt wohlfühle, hätten am Ende alle etwas davon. Katja Schwarz lenkt den Blick auf den öffentlichen Raum in Singen im Allgemeinen: Dieser sei wichtig für den Prozess der Stadtentwicklung bis 2040. Die Frage laute: „Wie viel Potential hat Singen im öffentlichen Raum?“ Vieles, was bereits besteht, könne man weiter entwickeln.

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Jeremiah Lischka sagt, man sollte den Austausch mit den Bürgern über Jugendforen oder Bürgerversammlungen intensiver gestalten. Und er würde auch den Wunsch der Jenischen nach einem eigenen Kulturzentrum in Singen unterstützen.

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Auch der Sport bekommt viel Unterstützung bei den jungen Kandidaten. Aus der Radrennbahn könnte man mehr machen, sagt Anna Baur. Und bereits bestehende Sportvereine sollte man unterstützen, meint Thanu Jaykumar, die nach eigenen Angaben als Hobby Sportschützin ist.

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Einen etwas anderen Akzent setzt Anna Oehle. Sie unterstütze die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZen), wie es der Singener Gemeinderat bereits für die Stadt beschlossen hat. Bei ihrer Ausbildung zur MFA erlebe sie regelmäßig, wie viele Menschen keinen Hausarzt hätten.

Auch den Öffentlichen Nahverkehr hat sie auf ihrem Zettel. Da sie in Überlingen am Ried wohne, würde sie täglich spüren, dass es damit besser laufen könnte. Dieses nun doch ziemlich jugendtypische Thema nennt auch Julian Kuhn. Man könnte Buslinien sinnvoller legen, sodass man nicht umständlich um die Ortsteile herumfahren müsse.

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Dass viele dieser Anliegen anders als etwa Kinderbetreuung, Schulen, Feuerwehr oder Straßenbau nicht zu den Pflichtaufgaben der Daseinsvorsorge einer Kommune gehören und die Stadt derzeit finanziell ziemlich klamm dasteht, kontern die jungen Kandidaten damit, dass man nichts erreiche, wenn man es nicht versuche, wie Baur formuliert. „Es ist gut, wenn Leute andere Ansichten haben, damit diese Themen nicht in Vergessenheit geraten“, ergänzt Katja Schwarz.

Jugendorganisation spielte eine Rolle bei Wahl der Liste

Bei der Wahl der Liste, für die junge Leute kandidieren, spielt offenbar eine schlagkräftige Jugendorganisation einer Partei eine gewisse Rolle. Schwarz, Baur und Kuhn sind jedenfalls Mitglieder in der Jungen Union, der Nachwuchsorganisation der CDU, Kuhn ist auch Mitglied der Partei. Gemeinschaft und ein netter Empfang seien Faktoren gewesen, erzählen sie. Für Baur gibt es über ihren Vater eine familiäre Verbindung zu der Partei, die beiden anderen haben sich schon länger mit der CDU auseinandergesetzt.

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Lischka erzählt, er habe sich bei verschiedenen Parteien orientiert. Bei der SPD schien ihm ein besonders frischer Wind zu wehen: „Die Menschen haben mir gefallen.“ Hinter der Co-Fraktionsvorsitzenden Regina Brütsch steht er auf Platz zwei der SPD-Liste. Anna Oehle hat den Weg zur Wählervereinigung Neue Linie gewählt. Einerseits gibt es natürlich die familiäre Verbindung zu Fraktionschef Dirk Oehle. Aber sie sagt auch: „Sie vertreten vieles, was ich unterstütze.“ Thanu Jaykumar erzählt, sie habe während eines Schüleraustauschs in Australien erfahren, dass die Grünen noch Platz für Kandidaten hätten. Mit den Inhalten der Partei identifiziere sie sich, sodass sie sich zur Kandidatur entschlossen habe.

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Und damit war sie auch schon mittendrin im größeren politischen Kraftfeld. Als einzige der sechs jungen Kandidaten berichtet Jaykumar, dass sie sich den einen oder anderen kritischen Spruch habe anhören müssen. Offenbar haben die Grünen aufgrund der Bundespolitik gerade auch im Kommunalen keinen leichten Stand. Ansonsten berichten die sechs Kandidaten einhellig von Unterstützung durch ihre Familien, Freunde und weiteres Umfeld.